EU-Haftbefehl verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht fällt eine Entscheidung zum EU-Haftbefehl - und die fällt negativ aus. Der EU-Haftbefehl verstösst gegen das Grundgesetz. Und unsere Regierung? Bezeichnet das als Schlag gegen die Terrorbekämpfung und mokiert sich über die Bürokratisierung. Bitte was? Das Grundgesetz einzuhalten ist keine Prinzipienreiterei und Bürokratisierung, sondern eine Notwendigkeit. Aber das interessiert Frau Zypries genausowenig wie die Entscheidung des Bundestags gegen die Softwarepatentrichtlinie - und sie kündigt gleich eine Gesetzesinitiative an, die den EU-Haftbefehl wieder möglich macht.

Ich finds zum Kotzen. Wohlgemerkt, der Verdächtige ist in Deutschland nicht überführt oder verurteilt worden - die Abschiebung/Auslieferung basiert allein auf einem EU-Haftbefehl aus Spanien. Und es ist nicht so das nicht versucht worden wäre ihn hier zu verurteilen - es reichte einfach nur nicht, was vorgelegt wurde.

Also wird einfach mal die Unschuldsvermutung ausgehebelt und das Grundgesetz als alberne Bürokratie abgetan - alles im Namen der Terrorbekämpfung.

Wer schützt uns eigentlich vor den Wahnsinnigen in Berlin?

tags: Bananenrepublik, Politik

Kai July 18, 2005, 9:02 p.m.

Wer schützt uns eigentlich vor den Wahnsinnigen in Berlin?

die abwahl.. in kürze.

hugo July 18, 2005, 9:55 p.m.

Urks. Vom Regen in die Traufe bekommt da ganz neue Dimensionen. Ich mein, was für ne Rettung ist das, wenn die von Merkelnix und Schwarzkoffer-Konsorten kommen soll? Denn dummerweise ist eine Abwahl mit einer Neuwahl verbunden. Ich mein, ich hätt ja nix dagegen einfach mal für 4 Jahre alle Politiker abzuwählen und zu gucken ob man ohne Prolethiker in Berlin nicht vielleicht besser fährt, aber ich fürchte der Vorschlag wird nicht umgesetzt ;-)

Chaoswind July 18, 2005, 10:03 p.m.

Das einzige was am EU-Haftbefehl stört ist doch das jedes EU-Mitglied andere Gesetze und andere Vorgehensweisen hat. Wuerde bei Polizei und Justiz ein EU-weiter Standard existieren wuerde doch kaum einer was dagegen haben koennen. In Deuschland interessiert es ja auch keinen das man in Bayern fuer eine Tat in Hamburg festgenomen werden kann.

hugo July 18, 2005, 10:11 p.m.

Eben diese Differenzen sind aber das Problem. Schliesslich gibt es innerhalb der EU eine ganze Reihe eigene Problemfelder in denen die Reaktionen der jeweiligen Regierungen nicht unbedingt immer ganz sauber sind.

Denk an die Basken und die paramilitärischen Gegenkommandos mit Regierungsduldung in Spanien oder die Situation in Nordirland mit der IRA und den protestantischen Extremisten oder an Südtirol mit der Befreiungsbewegung. Da sind Konflikte vorprogrammmiert bei denen es eben genau um die unterschiedliche Bewertung von Straftaten geht.

Oder denk an die etwas seltsame Situation in Italien, bei denen ein Präsident sich regelmäßig per Gesetz Absolution erteilt. Oder whatever sonst noch so einfällt. Es gibt eben keinen allgemeinen Rechtsstandard in Europa. Gäbe es den, wäre ein EU-Haftbefehl in der Tat weitaus unproblematischer, ganz besonders wenn den Bürgern dann auch entsprechende auf EU-Ebene angesiedelte Rechtswege zur Verfügung stünden - da gibts aber nur den EU-Menschenrechtsgerichtshof, den man erst dann einschalten kann, wenn eine nationale Regelung definitiv gescheitert ist.

Bei der derzeitigen Struktur der EU bin ich ehrlich gesagt nicht davon begeistert das es theoretisch einen Haftbefehl geben könnte der z.B. in Italien wegen Beleidigung des Papstes auf mich ausgestellt und dann hier in Deutschland vollstreckt werden könnte ...

zenzizenzizenzic July 18, 2005, 11:48 p.m.

Ist der Papst nicht auch das Staatsoberhaupt des Vatikanstaates? Dann ist eine Beleidigung auch in Deutschland strafbar:
§ 103 StGB
Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten

(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.



hugo July 18, 2005, 11:54 p.m.

Hmpft. Das macht mir jetzt wieder richtig Mut. Falls hier also mal für ein paar Jahre Sendepause ist, liegts vielleicht an einem Artikel von mir über den Papst ...

HB July 19, 2005, 12:03 a.m.

naklar, das war doch auch das Hauptproblem. Haftbefehle wegen Taten, die in Deutschland getan wurden, in Deutschland keine Straftaten sind, und in Deutschland wird so ein Haftbefehl dann vollstreckt und Rechtsmittel kann ich keine einlegen. Da nehme ich mein Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Bekenntnisfreiheit wahr und ernst und behaupte: Karel war ein Spinner. Dann wird in Vatikanstadt ein Haftbefehl ausgestellt und schon mal Feuerholz gesammelt, und die Rot-Grüne Bundesregierung steht daneben und schaut zu. Hat sich was mit Menschenrechten! Und dann die Behauptung, das BVG behindere den Kampf gegen den Internationalen Terrorismus. Die großen Behinderer sind doch die, die die Auslieferung eines mutmaßlichen Terroristen verhindern, indem sie ein Gesetz verabschieden, daß von denkenden Menschen und Juristen nur als (entschuldigt bitte) Affenscheiße bezeichnet werden kann. Wohlgemerkt, der EU-Haftbefehl an sich wurde vom BVG akzeptiert, nur die Umsetzung, die von Bundestag und Bundesrat ohne Gegenstimme beschlossen wurde, wäre einem Jurastudenten wohl nicht mal als Hausarbeit im 4. Semester durchgegangen. Aber so etwas hat wohl Methode in unserem Land. Der Verbotsantrag gegen die NPD ist hauptsächlich daran gescheitert, daß die verschiedenen Ämter für Verfassungsschutz genügend V-Männer in der NPD plaziert hatten, daß es für eine Selbstauflösung durch Mitgliederentscheid gereicht hätte. Und dann hat man irgendwie vergessen, dem BVG davon zu erzählen, und daß viele der angeführten verfassungsfeindlichen Äußerungen NPD-Offizieller auch von V-Männern stammten war ja wirklich nicht so wichtig. Nach dem voraussehbaren Scheitern des Verbotsantrages erzählte unser aller Lieblings-Otto, das BVG behindere den Kampf gegen den Rechtsextremismus. Insgesamt eine Mischung aus der Characterstärke Karl Roves und den intellektuellen Fähigkeiten Forrest Gumps.

quadrat July 19, 2005, 11:55 a.m.

Ich glaub das ist pure Machtarroganz. Da wird gern mal die Gewaltenteilung versucht auszuschalten. Ich seh da gefährliche Tendenzen, auch die Bestrebungen Schilys, die Behörden untereinander immer besser zu "vernetzen".

Also ich denke nicht das eine neue Gestapo utopisch ist im Angesicht dieser übersteigerten Terrorangst, die bei den Politikern um sich greift. Wobei ich mir nicht sicher bin ob das wirklich Angst ist, oder eher Kalkühl....