Kaum wollen die Mitarbeiter von SAP einen Betriebsrat gründen, schon stellt der SAP-Gründer den Firmensitz Walldorf infrage:
Zwei Tage, bevor am Donnerstag bei SAP eine Betriebsversammlung mit dem Ziel, einen Betriebsrat zu wählen, stattfindet, verstärkt Firmengründer Dietmar Hopp seine Warnungen: Die Installation eines Betriebsrates sei ein "Einfallstor für die IG Metall", sagte Hopp, der die rigiden Vorstellungen der Gewerkschafter zur Arbeitszeit ablehnt: "Wenn einer die Gewerkschaft fragen muss, darf ich heute abend um elf Uhr mit Kalifornien telefonieren, dann gute Nacht schöne SAP", illustrierte Hopp seine Befürchtungen gegenüber Handelsblatt.com – "schlimmstenfalls" sei Walldorf als Standort der Konzernzentrale in Gefahr, sagte der langjährige Aufsichtsratschef, der sich vor knapp einem Jahr aus dem Gremium ganz zurückgezogen hatte.
Genau. Unternehmen mit Betriebsrat dürfen nicht ins Ausland telefonieren. Bei solchem armseligen Gestammel von Firmenchefs und Managern frag ich mich wirklich, was diese Flachschädel eigentlich so besonders auszeichnet, das sie so viel Geld einsacken müssen? Kompetenz - egal ob fachlich (denn Arbeitsrecht gehört für mich schon zum fachlichen Umfeld eines Managers) noch menschlich, der Firmengründer von SAP hat hier schlichtweg die Hose runter gelassen, und was zum Vorschein kommt ist halt einfach nur ein Arsch.
Erschreckend auch die Hetze gegen die Gewerkschaften von Seiten der angeblichen Mitarbeitervertretung - wenn man sich deren Ergüsse so durchliest, wundert einen nicht, das die Arbeitnehmer bei SAP jetzt einen Betriebsrat wollen. Da haben sie wenigstens eine reelle Chance, das dort auch mal jemand sitzt, der tatsächlich die Arbeitnehmer vertritt und nicht nur seinen Aufsichtsratposten ...
Nachtrag: wie gut FUD funktioniert sieht man dann ja am Ergebnis. Und daran, wie sich die angeblichen Wirtschaftsblätter vor Freude auf die Schenkel klopfen. Schade für die Mitarbeiter von SAP - denn früher oder später werden sie vermutlich auf die harte Tour lernen, wie dumm die Idee ist auf seine Mitbestimmungsrechte zu verzichten. Aber die Polemik das ein Betriebsrat ja nur von der Gewerkschaft gesteuert wäre (was lächerlich ist, denn das hängt immer noch von den gewählten Betriebsräten ab, was die machen) und das ein Betriebsrat angeblich nicht zur Unternehmenskultur passe hat wohl besser gezogen als der gesunde Menschenverstand. Ist allerdings typische Traumtänzerei von Arbeitnehmern in der IT-Branche, war schon vor 20 Jahren im Rechenzentrum so. Die haben es dann später auch lernen müssen ...
Thomas March 2, 2006, 9:47 a.m.
Hallo?? Wer schreibt denn so etwas Weltfremdes hier... Es ist die große Mehrheit der Mitarbeiter, die _keinen_ Betriebsrat haben wollen, und es stellt sich vielmehr die Frage, was die Durchsetzung eines Betriebsrates der IG Metall mit Hilfe einzelner Mitarbeiter mit Demokratie zu tun haben - die übrigens keinen einzigen Vorteil eines BRs gegenüber der ANV aufweisen konnten.
Schon der Anfang dieser merkwürdigen Äußerung "die Mitarbeiter der SAP wollen BR gründen" ist falsch - die IG Metall will es, und zwar mit Brachialgewalt und aus Opportunismus.
Bitte besser informieren, bevor so ein Blödsinn zu lesen ist!
Thomas
hugo March 2, 2006, 2:45 p.m.
Nimm mal die rosarote Brille ab, bevor du hier jemanden beschimpfst. Und vor allem: Wahlen sind etwas, deren Ergebnisse erst _nach_ der Wahl feststehen. Davon zu reden das eine Mehrheit keinen Betriebsrat will, ist ziemlich affig, wenn man nie die Mitarbeiter in einer Abstimmung gefragt hat.
Von daher weiss auch ich nicht, was die Mehrheit der Mitarbeiter bei SAP will - das wird wohl heute abend festehen, denn heute soll ja die Wahl stattfinden. Nur ging es in meinem Artikel nicht darum, ob die Mehrheit einen Betriebsrat will oder nicht will, sondern um die hahnebüchenen und absurden Schwafeleien vom Firmengründer und von einigen "Mitarbeitervertretern".
Die hirnlosigkeit von deren Gerede wird nicht dadurch besser, wenn die Mitarbeiter heute tatsächlich gegen eine Betriebsratswahl stimmen.
Und nochmal zum Betriebsrat selber: das ist ein ganz normaler Vorgang, das eine Gewerkschaft die Mitarbeiter eines Unternehmens dazu motivieren will, einen Betriebsrat zu gründen. Denn - egal was BWLer für einen Scheiß behaupten - die Gewerkschaften sind nunmal die Interessenvertretung der organisierten Arbeitnehmer. Und zum Start einer Betriebsratswahl bedarf es nunmal nicht allzuviel Aufwand, das kann auch von einer kleineren Gruppe (so denn die Anzahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer bei SAP wirklich klein ist - ich hab keine Ahnung über deren Organisationsgrad) angestoßen werden.
Betriebsräte sind ein grundsätzliches Recht der Arbeitnehmer laut dem Mitbestimmungsgesetzen, von daher ist es ziemlich absurd dagegen zu wettern und albernen FUD zu schleudern.
Michigan March 3, 2006, 3:44 a.m.
91% haben gegen den Betriebsrat gestimmt und die Gewerkschaft will trotzdem einen einführen. Sieh hier mal nach http://www.sap.igm.de/news/meldung.html?id=7270.
Sie verkaufen 9,04% als Sieg. Viele Mitarbeiter arbeiten wohl gerne bei dem besten Arbeitgeber in Deutschland. Uns gefällt es genauso wie es ist sehr gut. Sorry, aber wir können selbst für uns Sorgen und brauchen keine Gewerkschaft. Sie wird niemals einen Fuß bei SAP rein bekommen. Aber sie kann vermutlich einen Betriebsrat aufzwingen den keiner haben will. Weder die Mitarbeiter, noch SAP. Und dann schmücken sie sich damit, dass es demokratisch wäre. http://www.sap.igm.de/demokratie/inhalt.html
Sorry, aber da wird mir wirklich schlecht.
Frank March 3, 2006, 8:32 a.m.
Soviel dazu... Die Stimmenauszählung zur Wahl des Wahlvorstands für einen Betriebsrat ergab gestern abend, dass über 90% der SAP-Mitarbeiter keinen Betriebsrat wollen. Unverständlicher Weise wird die deutliche Minderheit der Mitarbeiter nun über´s Arbeitsgericht einen Wahlvorstand bestellen lassen, so dass letztendlich doch ein Betriebsrat zu Stande kommt. Dass dieser für sich dann aber in Anspruch nimmt "die" Mitarbeitervertretung zu sein, ist bei einem solchen Wahlergebnis mehr als lächerlich.
hugo March 3, 2006, 8:43 a.m.
Ihr habt es immer noch nicht kapiert, oder? Ein Betriebsrat ist eines der grundsätzlichen Rechte von Arbeitnehmern. Das hat erstmal nichts mit der Gewerkschaft zu tun - die Gewerkschaft unterstützt Betriebsräte, wenn diese es wollen. Die Arbeit der Betriebsräte bestimmt aber eben der Betriebsrat - und das Betriebsverfassungsgesetz. Das Arbeitgeber immer wieder über die Existenz von Betriebsräten schimpfen ist schon absurd genug - denn in einem funktionierendem Unternehmen ist ein Betriebsrat für die Chefetage alles andere als ein Problem. Das aber Arbeitnehmer den gleichen Bockmist labern, ist schon wirklich selten dämlich.
Wie gesagt, ich kenns von früher aus dem Rechenzentrum - wir hatten dort einen Betriebsrat, aber einige Kollegen meinten immer der wäre ja nicht nötig, das wäre ja alles übertriebener Kram, ganz besonders als ein paar Kollegen damals begonnen haben sich stärker zu engagieren. Nach mehreren Fusionen wissen die Kollegen dort dann jetzt wohl, warum man einen Betriebsrat braucht.
Übrigens gehts um 91% der auf der Versammlung anwesenden Arbeitnehmer, nicht insgesamt - über die Meinung derer, die keine Stimme abgegeben haben, kann man nur spekulieren.
Das Gelaber jedenfalls, das ein Betriebsrat von der Gewerkschaft dominiert wäre und das ein Betriebsrat für Arbeitnehmer was schlechtes wäre, ist hochgradiger Blödsinn. Wem die Gewerkschaftsliste nicht passt, der kann eine eigene Liste organisieren und dagegen stellen. Aber um sowas zu verstehen müsste man sich ja rudimentär mit dem Betriebsverfassungsgesetz beschäftigen, und das überfordert wohl mal wieder die kleinen ITler-Hirne ...
hugo March 7, 2006, 12:38 a.m.
Weil scheinbar lauter SAP-Huldiger meinen, hier kommentieren zu müssen: wenn eure Kommentare nix wesentliches oder neues beitragen, braucht ihr sie nicht abzugeben. Ich werd sie eh löschen. Wenn ihr meint ein Huldigungsblog zu brauchen, richtet euch selber eins ein.
Allerdings geb ich euch mal ne Denksportaufgabe: wie toll kann wohl ein Unternehmen und eine Unternehmensführung sein, wenn der Unternehmensgründer den Mitarbeitern klipp und klar sagt, das die Gründung eines Betriebsrates - einem nach Betriebsverfassunggesetz den Mitarbeitern zugestehendes innerbetriebliches Mitbestimmungsmittel - für ihn ein Grund wäre, über die Auflösung des Standortes nachzudenken?
Lasst mich raten - ein Grossteil von euch hat BWL studiert, stimmts?
andreas skowronek March 7, 2006, 6:52 p.m.
Ha, da hat dieses Blog ja die gleichen Gestalten angezogen wie meines. Und auch hier rülpsen die "91-Prozent-SAPler" in der gleichen Art und Weise wie bei mir.
Nur, bei mir war es heftiger. Ich habe sie mehr provoziert :-) Müssen so um die 150 Kommentare sein, die sich da gesammelt haben.
Man sieht sich. Ciao.
hugo March 7, 2006, 8:35 p.m.
Autsch, ok, du gewinnst. 150 warens definitiv nicht bei mir.
christa.N March 8, 2006, 8:46 a.m.
Hallo...,
ich arbeite bei einem grossen europäischen Flugzeugbauer in Hamburg.
Wer hier auch als AT regelmässig über 10 h arbeitet
(gemäss eigener Entscheidung ) bekommt definitiv "Ärger" mit dem Betriebsrat. bzw. der Betriebsrat hilft dabei die Leute vor sich selber zu schützen
" Genau. Unternehmen mit Betriebsrat dürfen nicht ins Ausland telefonieren" ->
Bei einer Regelarbeitszeit ab 09:00 dürfen somit laut Betriebsrat gegen 23:00 ohne Absprache keine Gespräche mehr ins Ausland stattfinden.
Als "work-around" stemplen betreffende Mitarbeiter nach 10h aus und bleiben dann gemäss eigener Entscheidung.... oder gehen nach Hause und arbeiten remote weiter.....
In der Aussagen: "Wenn einer die Gewerkschaft fragen muss, darf ich heute abend um elf Uhr mit Kalifornien telefonieren"
trifft leider zu, wenn hier die max. Arbeitszeit überschritten wird und das Gespräch während der "offizielen" Arbeitszeit stattfinden soll.
Eine Anwesenheit "gemäss eigener Entscheidung" ist auf Dauer nicht möglich und wird in hier vom Betriebsrat unterbunden.......
Was nicht heisst, dass ich generell gegen Betriebsräte und Gewerkschaften bin....
Gewerkschaften sind eine grosse Hilfeleistung für Kollegen und Unterstützung für (liest sich jetzt krass und wahrscheinlich politisch unkorrekt) "kurzfristig" austauschbare Arbeitskräfte mit - nicht akademischer - Qualifizierung ...
In Bereichen mit überwiegend Hochschulabsolvenden spielt der Betriebsrat eine geringe bis gar keine Rolle bzw. nur wenn Entscheidungen die Kollegen in der Werkstatt betreffen.
"Hier muss der Betriebsrat eingeschaltet werden" (Was vollkommen Richtig ist)
Liebe Grüsse
Christa
hugo March 8, 2006, 5:23 p.m.
Tatsächlich hat das nichts mit der Gewerkschaft zu tun, sondern mit dem Arbeitsrecht - und damit muss man da nicht mit dem Finger auf die Gewerkschaft zeigen, sondern wenn überhaupt dann auf den Gesetzgeber. Der Betriebsrat ist gesetzlich sogar verpflichtet darauf zu drängen, das die Arbeitszeitgesetze eingehalten werden - unter Umständen macht er sich sonst selber strafbar. Der Arbeitgeber ist übrigens auch verpflichtet die Gesetze einzuhalten ...
Gerade bei solchen Situationen - wo man durch die Kommunikation mit dem Ausland häufig in den Abendstunden telefonieren oder Online sein muss - kann man durch versetzte Arbeitszeiten (eben entsprechend später anfange) oder - bei Absprache und brauchbarer Regelung - durch unterbrochene Arbeitszeiten (morgens ein paar Stunden, ausgedehnte Pause und dann z.B. von zu Hause später nochmal ein paar Stunden) das Problem umgehen.
Nochmal: das ist weder der Betriebsrat noch die Gewerkschaft die da die Ursache ist, sondern das Arbeitsgesetz und die gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Arbeitszeiten und erforderlichen Pausenzeiten!
Natürlich gibt es in der Regel noch weitergehende Regelungen aufgrund eines geltenden Tarifvertrages - und unter Umständen weitergehende Regelungen aufgrund von Betriebsvereinbarungen. Allerdings sind die dann auch immer eine _gemeinsame_ Vereinbarung von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen (Gewerkschaften und Verbände bei Tarifverträgen, Betriebsrat und Geschäftsführung bei Betriebsvereinbarungen).
Von daher müsste die Frage "Muss der Betriebsrat gefragt werden, wenn das Gesetz gebrochen werden soll" ganz klar mit "Nein" beantwortet werden - statt dessen sollte die Arbeitsplanung eben so gemacht werden, das die Kommunikation mit dem Ausland vernünftig in den Arbeitsablauf integriert wird. Für Ausnahmesituationen wird - in einem Unternehmen in dem das Klima zwischen Belegschaft und Firmenleitung gut ist - eh kaum jemand Stress machen wenn das mal ausser der Reihe dann nicht so eng gesehen wird - wenn z.B. dafür dann entsprechende Zeitgutschriften erfolgen.
Aber das Problem kommt ja genau dann, wenn diese normalen Regelungen nicht mehr klappen, weil z.B. die Bereitschaft für Überstundne über das Maximalstundenlimit hinaus - dann oft sogar unbezahlt und auf "freiwilliger" Basis - vorausgesetzt wird. Und da _muss_ der Betriebsrat einschreiten, denn wenn er davon Kenntnis hat und nicht eingreift, kann er durchaus auch selber rechtlich in Probleme kommen.