Wie die BWLer unter Bertelsmann in die Bildungspolitik einziehen

Bei Telepolis gefunden: TP: Durchsetzung von Controlling und Ranking auf allen Ebenen:

Wäre ein kritischer Ökonom zum Kongress geladen gewesen, er hätte die Strategie der Bertelsmänner wohl so formuliert: Demokratische Entscheidungsfindung und offene Diskussion wird ersetzt durch Steuerungsverfahren aus der neueren Betriebswirtschaftslehre. Überzuckert wird alles mit dynamischen Anglizismen aus dem Marketing-Babbel, dahinter aber stecken oft Ideen aus dem BWL-Fach Controlling. Früher sprach man prosaischer vom Rechnungswesen/Interne Revision, meinte aber dasselbe: die innerbetriebliche Steuerung und Kontrolle von Produktionsprozessen. Die erfolgt mittels Nutzwertanalyse, Erfolgsrechnung, Budgetierung, Profit Center, Kennzahlen für alles und jedes etc.

Meine persönliche Abneigung gegen die BWL als meines Erachtens viel zu kurzsichtige Vision von Markt sollte ja mitlerweile bekannt sein. Die Verknüpfung mit einem recht scheinheilig agierenden Grossverlagshaus macht das ganze aber dann wirklich brisant - denn solche Konzerne haben nunmal in erster Linie eigene wirtschaftliche Interessen und sollten daher aus Bildungspolitischen Diskussionen rausgehalten werden, ganz besonders sind sie definitiv die falschen um sie in bildungspolitische Entscheidungsfindungen als Berater einzubinden. Aber im Zuge der Privatisierungsgeilheit der Politiker werden immer wieder solche Böcke geschossen - verbunden mit den dabei automatisch entstehenden Marketinglügen die von solchen Unternehmen dann zur Festigung der eigenen Route aufgebaut werden (wie z.B. die im Text zitierte Umfrage über Studiengebühren, bei der einfach der Weg des kostenlosen Studiums ausgeschlossen wurde - und dann behauptet wurde, das Studenten mehrheitlich für Studiengebühren wären).

Das grösste Problem bei dieser engen Verknüpfung mit der Wirtschaft - egal ob jetzt Bertelsmann in der Bildungspolitik oder andere Firmen in anderen Bereichen - ist die fehlende demokratische Kontrolle. Politiker werden noch rudimentär kontrolliert, öffentliche Einrichtungen sind durch das neue Informationsgesetz zur Offenlegung vieler Bereiche gezwungen, aber Entscheidungsfindungen in privatwirtschaftlichen Einrichtungen unterliegen diesen Kontrollen nicht. Wenn Politiker sich aber zum Beispiel auf Untersuchungen aus der Wirtschaft berufen wird man über das Informationsfreiheitsgesetz zwar bis zu dem Punkt kommen - das die Entscheidung auf einer Studie von Institut Sowieso basiert - aber über die Struktur und den eigentlichen Inhalt der Studie erfährt man unter Umständen garnichts. Und damit ist die Kontrolle durch die Bevölkerung stumpf ausgehebelt.

Gerade bei der Wichtigkeit der Bildungspolitik muss meines Erachtens jeder Einfluss von Wirtschaft und Industrie ausgeschlossen werden. Völlig egal was diese fordern - sie haben in der politischen Gestaltung der Bildungspolitik nichts verloren. Aber leider verkaufen unsere Politiker die politische Steuerung immer wieder an privatwirtschaftliche Institute, anstatt die Arbeit selber zu machen. Und sie verkaufen damit unsere Zukunft und unsere Souveränität als Gesellschaft an die Wirtschaft.

tags: Bananenrepublik, Politik, Wirtschaft