Kardinal Meisner vergleicht Abtreibung mit den Verbrechen von Hitler und Stalin. 1 Und wer ist angepisst? Der Zentralrat der Juden in Deutschland.
Sorry, aber ich finde Meisners Vergleich aus einem ganz anderen Grund absolut unverschämt: er stellt damit die Frauen auf eine Stufe mit Diktatoren und Massenmördern. Und das wirkt deutlich schwerer als die Verletzung des jüdischen Leidensmonopols ... Von daher stellt sich Paul Spiegels Frage - Was soll man von einer Jugend erwarten, wenn ein katholischer Würdenträger auf diese Weise und ungestraft den millionenfachen Mord an Juden relativieren kann - für mich ganz anders: was kann man von einer Kirche erwarten, die potentiell 50% ihrer Mitglieder unter Generalverdacht des Massenmordes stellt? Aber Tante Katholika war ja schon immer eher beschränkt in ihrem Weltbild.
Genauso bedenklich finde ich aber die Haltung von Paul Spiegel - macht er sich keine Gedanken darüber, das Kardinal Meissner mit seinem Ausspruch Frauen heftigst beleidigt hat? Ist ihm dieser Aspekt der ganzen Geschichte weniger wichtig als darauf hinzuweisen, das ja niemand ihr Leid im zweiten Weltkrieg mit irgendwas anderem vergleicht, weil ihr Leid ja einmalig ist? In diesem Punkt ist das Weltbild des Zentralrats der Juden leider auch sehr eingeschränkt. Was mich ganz besonders wurmt, weil das dem leider immer noch viel zu stark in Deutschland vertretenem rechten Nazipack immer wieder Argumentationsfutter liefert. 2 Und mit Hitler und Stalin verglichen zu werden hat keine Frau verdient - auch wenn Abtreibung nicht in das Weltbild dieser Männerorganisationen passt.
Ganz zu schweigen natürlich von der Tatsache das ich der katholischen Kirche wegen ihrer rein patriarchalischen und völlig weltfremden Struktur sowieso jedes Recht auf Mitsprache in Themen des allgemeinen Lebens verweigere.
[1] Wann werden wir eigentlich lernen die geschichtsfälschende Totalitarismusidee - nach der Hitler und Stalin und diverse andere Diktatoren in einen Topf geworfen werden - zu überwinden? Hitler und Stalin haben in etwa so viel gemeinsam wie Pest und Cholera - beide sind tödlich, beide sind krank, aber das wars auch schon. Mir rollen sich immer die Fussnägel auf wenn ich jemand angeblich gebildeten so einen Unfug reden höre ...
[2] Es treibt auch sehr absurde Stilblüten, wie z.B. die Verweigerung der Anerkennung anderer Opfer des Nazi-Regimes, wie Sinti, Roma oder kommunistische Widerständler (die übrigens auch unter Stalin nichts zu lachen hatten). Was dann in Kombination eines Gedenkmals der Opfer des Nationalsozialismus insgesamt eigentlich nur noch ein äusserst peinliches Bild hinterlässt.
Bei WDR.de gibts den Originalartikel.