Toll. Die Union setzt einen Wahlbetrugsausschuss ein und kommt - oh grosses Wunder - zum Ergebnis das die Regierung die Wähler betrogen hat. Klar, das Ergebnis hätte man auch haben können ohne einen teuren Ausschuss zu machen, schliesslich war ja wohl kaum zu erwarten das die Union einen Ausschuss einsetzt der dann der Union widerspricht, oder?
Abgesehen davon: bringt das jetzt was? Nein. Denn es gibt keine Forderungen, keine Folgen, keine Empfehlungen. Eigentlich haben sich nur ein paar Unionspolitiker gegenseitig die Eier geschaukelt.
Toll.
Bei RP-Online: Politik fand ich den den Originalartikel.
Harald Georgii Nov. 27, 2003, 7:40 p.m.
Der 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat in seiner abschließenden Sitzung am 24. 11. 2003 festgestellt:
Der gegen Mitglieder der Bundesregierung erhobene Vorwurf,
Bundestag und Öffentlichkeit im Jahr 2002 über die Situation des Bundes-haushalts, die Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Rentenversiche-rung sowie über die Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder unvollständig in-formiert zu haben,
ist ausgeräumt.
Nach dem Abschluss der Arbeit des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zu dem angeblichen Wahlbetrug von Rot-Grün darf sich die Bundes-regierung in ihrem Informationsverhalten im vergangenen Bundestagswahljahr bes-tätigt sehen. Für den von der Opposition vermittelten Eindruck eines Wahlbetruges konnten keinerlei Anhaltspunkte gefunden werden. Die Bundesregierung hat sich im Jahr 2002 genauso verhalten, wie es ihrer Aufgabe und Verantwortung entspricht.
Der erhobene Vorwurf war von Anfang an nicht plausibel: Er setzt voraus, dass die Bundesregierung über ein Monopol an Informationen über die wirtschaftliche Ent-wicklung, die Haushalte von Bund und Ländern und die Sozialversicherungen ver-fügt. Das Gegenteil ist richtig: Alle Daten zur Wirtschafts- und Finanzlage, insbeson-dere die Einnahmen und Ausgaben des Bundes, sind öffentlich und jedermann zu-gänglich.
Die Behauptung, die Bundesregierung habe falsche Daten über die wirtschaftliche Entwicklung oder die Situation des Bundeshaushalts und der Sozialversicherungs-systeme veröffentlicht bzw. entscheidende Daten verheimlicht, ist widerlegt worden. Die Bundesregierung hat den Bundestag und die Öffentlichkeit über die statistischen Daten zur Situation des Bundeshaushalts und der Sozialversicherungssysteme re-gelmäßig und entsprechend der Staatspraxis unterrichtet. Fehler in den Unterrich-tungen oder den Veröffentlichungen konnten nicht festgestellt werden. Verstöße ge-gen eine Berichtspflicht, insbesondere gegenüber dem Bundestag sind nicht zu er-kennen und werden auch von niemandem mehr behauptet.
Von solchen Informationen über konkrete Zahlen zur gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation zu trennen sind Erwartungen und Prognosen für die Zu-kunft. Es liegt in ihrer Natur, dass diese einer Unschärfe unterliegen. Auch Mitglieder der Bundesregierung äußerten im Jahr 2002 öffentlich ihre Einschätzungen und Prognosen über die weitere Entwicklung im Jahresverlauf 2002. Diese haben sich was von Anfang an unstreitig war rückblickend teilweise als falsch erwiesen. Sie entsprachen allerdings den damaligen tatsächlichen Erwartungen der Bundesregie-rung. Dass diese auch dem jeweils aktuellen professionellen Kenntnisstand entspra-chen, haben sowohl die als Zeugen vernommenen Ministeriumsmitarbeiter als auch die befragten unabhängigen Wirtschaftsexperten bestätigt. Nicht feststellen konnte der Ausschuss, dass die jeweilige Leitungsebene der Ministerien Kenntnisse und Warnungen aus den Fachreferaten ignoriert hat.
Die Bundesregierung hielt sich vorsichtig innerhalb des Prognosespektrums der Wirtschaftsforschungsinstitute, als sie davon ausging, dass in der zweiten Jahres-hälfte 2002 eine deutliche konjunkturelle Belebung eintreten würde. Die Bandbreite der Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute reichte im Sommer 2002 von 0,6 % Wachstum (DIW) bis 1,2 % (IfW), die Bundesregierung erwartete 0,75 %. In den Monaten August/September gab es lediglich einen einzigen ersten Hinweis aus der Wissenschaft, dass der erwartete Herbstaufschwung ausbleiben könnte. Der Bundesfinanzminister konnte überzeugend darlegen, dass sich die Bundesregierung wegen eines einzelnen Warnsignals keinesfalls an die Spitze der Pessimisten hätte stellen dürfen. Ohne verlässliche empirische Grundlage wäre das unverantwortlich gewesen. Äußerungen eines Finanzministers sind für die Wirtschaft psychologisch bedeutsam und können selbst ein ökonomischer Faktor werden.
Dem Bundesfinanzminister wurde vorgehalten, er hätte schon vor der Wahl einen Nachtragshaushalt ankündigen bzw. vorlegen müssen; angekündigt wurde er von einem Vertreter der Bundesregierung erstmals am 14. November 2002. Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Der Bundesfinanzminister hat wie auch der Haushalts-staatssekretär die Verabschiedung eines Nachtragshaushaltes für das Haushaltsjahr 2002 vor der Bundestagswahl nicht für notwendig gehalten. Nur aus heutiger Sicht ist der Nachtragshaushalt erforderlich geworden, weil die Steuereinnahmen erheblich hinter den Erwartungen zurückblieben und der Zuschussbedarf für die Bundesanstalt für Arbeit konjunkturbedingt anstieg.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass wegbrechende Steuereinnahmen in dem eingetretenen Umfang weder vom Bundesministerium der Finanzen noch von unab-hängigen Wirtschaftsforschungsinstituten vorhergesehen worden waren. Zwar gab es vereinzelte Anzeichen für eine Verschlechterung des Steueraufkommens. Aber noch im Sommer 2002 ging die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den meis-ten wirtschaftswissenschaftlichen Instituten und auch der Bundesbank von einer Be-lebung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte aus. Erst Mitte Oktober mit dem Vorliegen der Ergebnisse des aufkommensstarken Steuermonats September und damit nach der Bundestagswahl hatte die Bundesregierung belastbare Daten dar-über, dass die Steuereinnahmen im Gesamtjahr spürbar unter den Erwartungen blei-ben würden. Insbesondere zum Zuschussbedarf der Bundesanstalt für Arbeit be-stand die Erwartung, dass mit einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt das Defizit der Bundesanstalt wie in Vorjahren gegen Jahresende wieder ausgeglichen sein würde. Vor der Bundestagswahl sah das Bundesministerium der Finanzen neben der Verhängung einer Haushaltssperre im August nach der Flutkatastrophe keine Not-wendigkeit für die Verabschiedung eines Nachtragshaushaltes. Vernünftig war es dann, für die Aufstellung des Nachtragshaushalts die November-Steuerschätzung und damit eine belastbare Datenbasis abzuwarten.
Weiter war dem Bundesfinanzminister vorgeworfen worden, er habe in seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts 2003 am 12. September 2002 bei der Vor-stellung der Soll-Zahlen des Haushaltsentwurfs diese Zahlen mit den Soll-Zahlen des laufenden Jahres verglichen, ohne dies kenntlich zu machen, obwohl ihm aktuali-sierte Hochrechnungen aus seiner Haushaltsabteilung über die vermutlichen Ist-Zahlen vorgelegen hätten. Der Ausschuss hat hierzu festgestellt, dass es langjähri-ger parlamentarischer Praxis entspricht, bei dieser Rede die Soll-Zahlen des aktuel-len Haushalts mit denen des Entwurfs zu vergleichen. Deswegen hat jeder interes-sierte Zuhörer unschwer erkennen können, dass der Bundesfinanzminister keine unterjährige Wasserstandsmeldung vorträgt, sondern die geltenden Haushalts-Sollzahlen.
Ein weiterer Vorwurf lautete, der Bundesfinanzminister habe über das Überschreiten des Maastricht-Defizits getäuscht. Öffentlich äußerte der Minister wiederholt die Erwartung, die Maastricht-Referenzkriterien würden gehalten, aber es würde eng werden.
Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Die interne Einschätzung des Bundesministe-riums der Finanzen über das zu erwartende gesamtstaatliche Defizit (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen) in der Abgrenzung des Europäischen Stabi-litäts- und Wachstumspaktes entsprach genau diesen öffentlichen Äußerungen. Im September 2002 wurde intern von einem Defizit in Höhe von 2,6 bis 2,9 % ausge-gangen. Das Bundesfinanzministerium stand mit seiner Einschätzung nicht alleine: Auch die unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitute erkannten erst im Oktober 2002, dass die 3 %-Defizitgrenze nicht eingehalten würde. Nur ein einziges Institut, das IfW, korrigierte schon wenige Tage vor der Wahl seine Prognose auf 3,1 %.
Die nach einer EG-Verordnung vorgesehene Meldung der vorläufigen Defizitzahlen an die Europäische Kommission erfolgte nach den Feststellungen des Ausschusses in Übereinstimmung mit der in der Europäischen Union geübten Praxis erst nach dem vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt, um Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fluthilfe und der Verbuchung von Bundesbankgewinnen vorher klären zu kön-nen. Ein Zusammenhang zwischen der Verspätung und der Bundestagswahl lässt sich nicht feststellen.
Der Bundesgesundheitsministerin war vorgeworfen worden, sie habe die Öffentlich-keit nicht ausreichend auf die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenkassen hingewiesen. Dabei hat sie selbst kurz vor der Wahl wahrheitsgemäß die Öffent-lichkeit darüber unterrichtet, dass die Kassen im ersten Halbjahr 2002 ein Defizit von 2,4 Mrd. erwirtschaftet hätten. Wegen einer möglichen Beitragssatzanpassung der gesetzlichen Krankenkassen am Ende des Jahres 2002 verwies die Bundesge-sundheitsministerin vor der Bundestagswahl jeweils auf die entsprechenden Stel-lungnahmen der zuständigen Krankenkassen. Eigene Prognosen stellte sie nicht an. Das ist auch nicht ihre Aufgabe.
Ihr wurde weiter vorgeworfen, das am Jahresende 2002 verabschiedete Beitrags-satzsicherungsgesetz sei schon vor der Bundestagswahl in ihrem Ministerium vorbe-reitet worden, worüber sie geschwiegen habe.
Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Erst nach der Bundestagswahl gelangten dem Bundesgesundheitsministerium Hinweise aus der Pharmaindustrie zur Kenntnis, die darauf hindeuteten, dass die Arzneimittelausgaben anders als bislang eingeschätzt weiter überproportional steigen und die Vereinbarung zwischen der GKV und der KBV vom 30. Januar 2002 zur Reduzierung der Arzneimittelkosten um 4,6 % für den Rest des Jahres nicht mehr in dem erwarteten Umfang greifen würde. Ein Vorschalt-gesetz zur Beitragssatzstabilisierung zu verabschieden, wie es von einer einzelnen Krankenkasse gefordert worden war, wurde vor Bekanntwerden der Abschlüsse des 3. Quartals der Krankenkassen im Bundesgesundheitsministerium weder für erfor-derlich noch für hilfreich gehalten.
Wegen der Anhebung des Beitragssatzes 2003 für die Arbeiter und Angestellten von 19,1 % auf 19,5 % im November 2002 war der Bundesregierung vorgehalten worden, auch dies habe sie vor der Wahl voraussehen können und der Öffentlichkeit mitteilen müssen. Die von der Bundesregierung vor der Bundestagswahl geäußerte Erwar-tung, der Rentenversicherungsbeitragssatz 2003 würde bei 19,3 % liegen, entsprach der festen Überzeugung des Bundesarbeitsministeriums und der zuständigen Abtei-lung im Bundeskanzleramt. Das Ministerium konnte sich hierbei auf eine entspre-chende Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) und des Sachverständigenrates stützen.
Harald Georgii Dec. 1, 2003, 1:09 a.m.
die meinung der union muss gar nicht verheimlicht werden. deren abschlussbericht ist so flach, das spricht für sich selbst. hier findet ihr ihn:
www.cducsu.de/luegenua/luegenua.pdf