Als ich den verlinkten Artikel gelesen habe musste ich irgendwie grinsen. Dann aber überwog das Kopfschütteln ob soviel Unfug. Der Artikel enthält so viele falsche Ideen und Interpretationen von Open Source, das man sich nur wundern kann wie so viel Fehler in einen so kurzen Artikel passen. Der gröbste Fehler ist wohl die wieder mal irrige Annahme das Open Source ein Business Modell bräuchte um zu funktionieren. Absurde Vorstellung - nach einem Business Model in der Entstehung und Verbreitung von Open Source zu suchen ist genauso sinnvoll wie an der Wertschöpfungskette bei Weblogs zu ziehen. Natürlich gibt es Firmen die ein Business Modell auf der Existenz von Open Source aufbauen - ähnliches gibts ja auch bei Weblogs. Aber das Business Modell ist für den eigentlichen Motor absolut irrelevant.
Ich habe aber daraufhin mal darüber nachgedacht, was es denn wirklich bedeuten würde, wenn SCO gewinnen würde (was ausser der Autorin des Artikels und vielleicht Darl McBride wohl niemand wirklich glaubt). Was würde das für Open Source bedeuten? Nicht viel, die fraglichen Sourcen müssten früher oder später benannt werden und würden einfach aus dem Linux Kernel rausfliegen. Die Version 2.2 ist nach SCO-eigenen Aussagen sauber, die hat auch schon funktioniert, schlimmstenfalls würden Subsysteme auf den Stand von 2.2 zurückfallen. Nicht fatal, allenfalls nervig.
Was würde passieren, wenn der Linux Kernel von SCO verboten würde? Würde das nicht Open Source vernichten? Abgesehen davon das diese Vorstellung ziemlich absurd ist liegt hier der grösste Fehler in dem Artikel - ein Fehler allerdings, der in den Medien nahezu durchgängig gemacht wird. Open Source ist nicht Linux - Linux ist nur eine (sogar relativ kleine, wenn auch bedeutende) Komponente des gesamten Open Source Feldes. Linux ist ein Kernel - und damit zwar wichtig, aber eben nur eine mögliche Komponenten, die leicht ersetzt werden kann. Im Intel-Prozessor-Umfeld könnte man relativ schnell einfach den FreeBSD-Kernel (bedingt durch seine Kompatibilitätsfunktionen für das Linux-API) anstelle des originären Linux-Kernels verwenden. Bei anderen Prozessoren nimmt man einfach NetBSD - viele Open Source ist sowieso nicht auf Linux angewiesen, sondern läuft auf fast allem was Unix-ähnlich ist.
Und was passiert, wenn Firmen aufgrund des Verfahrens Open Source nicht mehr einsetzen wollen? Bitte was? Firmen sollen Abstand davon nehmen etwas einzusetzen das sie umsonst bekommen können, nur weil es in einem Randgebiet ein Gerichtsverfahren gab? Warum sollten Firmen das tun? Wie viele Firmen setzen Raubkopien ein, wohl wissend das das illegal ist, wohl wissend was das bedeuten könnte, weil sie das Geld nicht ausgeben wollen? Solange Geiz existiert, wird Open Source auch kommerziellen Einsatz finden. Und Geiz wird so lange existieren, wie wir eine Marktwirtschaft haben. Also noch verdammt lange.
Aber bestimmt werden Firmen ihre eigenen Sachen nicht mehr unter Open Source Lizenzen stellen? Warum nicht? Es ist eine recht günstige Methode für viele Firmen kostenlose Werbung zu bekommen. Ausserdem bauen diese Firmen auf das Projektgeschäft, weniger auf die Softwareerstellung. Daran ändert sich durch das SCO-Verfahren garnichts. Und selbst wenn das weniger wird - viele Open Source ist von Privatpersonen erstellt, an Unis entstanden oder in lockeren Entwicklergruppen erstellt worden. Firmen haben zwar Sachen beigetragen - aber in der Regel nur genau die, an denen sie selber für ihre eigenen Geschäftsfelder Interesse hatten. Wenn Firmen also nicht mehr zur Open Source beitragen, schaden sie sich primär selber. Open Source entsteht in der Regel dadurch, das jemand ein Problem hat, das ihn nervt - und beginnt eine Lösung dazu zu schaffen. Daran soll sich plötzlich was ändern?
Was mich am meisten daran nervt was in der Presse über Open Source geschrieben wird, ist die völlige Borniertheit der Autoren über die Fakten der Open Source - das es weitaus mehr als Linux gibt, das die auf Linux aufbauenden Firmen absolut nicht zwingend notwendig für den Bestand von Open Source sind und das die Motivation von Open Source absolut garnichts mit Business Modellen zu tun hat: Open Source ist die Begeisterung von Menschen etwas zu schaffen, das andere Menschen genauso begeistert anwenden. Diese Motivation, der Kern der Open Source, kann weder durch Gerichtsverfahren noch durch Verbote gestoppt werden. Open Source würde selbst dann weiter existieren, wenn es per Gesetz verboten würde - dann eben im Untergrund. Denn schöpferische Leistungen von Menschen lassen sich nicht verbieten oder unterdrücken - das gilt in der Softwarewelt genauso wie bei Schriftstellern, Malern oder Musikern.
Open Source wird - egal was die Vertreter der proprietären Software versuchen zu unternehmen - weiterexistieren. Stellt euch darauf ein. Es gibt kein Zurück.
Hier gibts den Originalartikel.